Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung

Gechäftsmann hält Hand in die Kamera Verbotene Praktiken Quelle: Imilian - iStock/ getty images plus via Getty Images

Verbotene Praktiken

Unlautere Handelspraktiken sind Vertragsklauseln und Verhaltensweisen, die in Lieferbeziehungen zwischen großen gewerblichen und behördlichen Nachfragern (Käufern) von Agrar-, Fischerei- und Lebensmittelerzeugnissen und umsatzmäßig kleineren Lieferanten als unfair anzusehen und deshalb verboten sind.

Rechtsgrundlagen

Mit der Richtlinie (EU) 2019/633 vom 17. April 2019 ("UTP-Richtlinie") ist erstmals EU-weit ein einheitlicher Mindestschutzstandard zur Bekämpfung von unlauteren Handelspraktiken eingeführt worden. Dadurch sollen solche Praktiken eingedämmt werden, "die mit hoher Wahrscheinlichkeit negative Auswirkungen auf den Lebensstandard der landwirtschaftlichen Bevölkerung haben".

In Deutschland ist die UTP-Richtlinie durch das Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz ("AgrarOLkG") umgesetzt worden. Das Gesetz wird durch die Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Verordnung („AgrarOLkV“) ergänzt. Das AgrarOLkG verbietet in seinem Teil 3 die Ausnutzung des wirtschaftlichen Ungleichgewichts zwischen dem Käufer und dem Lieferanten durch unlautere Handelspraktiken.

Verbotene Praktiken

Das AgrarOLkG enthält hierzu einen abschließenden Katalog verbotener Handelspraktiken, die im Verhältnis von großen gewerblichen und behördlichen Käufern zu umsatzmäßig kleineren Lieferanten stets als unlauter gelten.

Immer verboten
§ 11 AgrarOLkG: Überlange Zahlungsfristen (über 30 bzw. 60 Tage)
§ 12 AgrarOLkG: Zurückschicken nicht verkaufter Ware
§ 13 AgrarOLkG: Kurzfristige Vertragsbeendigung durch den Käufer, bei verderblicher Ware
§ 14 AgrarOLkG: Beteiligung an Lagerkosten des Käufers
§ 15 AgrarOLkG: Bestimmte, einseitige Vertragsänderungen durch den Käufer
§ 16 AgrarOLkG: Überwälzung unspezifischer Kosten oder Kosten für Qualitätsminderung nach Gefahrübergang oder Kundenbeschwerden beim Käufer
§ 17 AgrarOLkG: Listungsgebühren (außer bei der Markteinführung eines Produktes)
§ 18 AgrarOLkG: Vergeltungsmaßnahmen
§ 19 AgrarOLkG: Weigerung des Käufers, den Vertragsinhalt in Textform zu bestätigen
§ 23 Nr. 9 AgrarOLkG: Missbrauch von Geschäftsgeheimnissen durch den Käufer

Das AgrarOLkG verbietet zudem Vertragsbedingungen eines Käufers, die eine Umgehung der ausdrücklich genannten verbotenen Vertragsklauseln bewirken (mit Ausnahme von Vertragsbedingungen, die eine Pflicht zur Kostenübernahme durch den Lieferanten vorsehen, die nach § 16 AgrarOLkG nicht wirksam vereinbart werden kann).

Neben diesen stets unlauteren Handelspraktiken gibt es Handelspraktiken, die im Verhältnis zwischen großen gewerblichen und behördlichen Käufern und umsatzmäßig kleineren Lieferanten nur dann zulässig sind, wenn sie zuvor "klar und eindeutig" zwischen den Parteien vereinbart worden sind.

Nur zulässig, wenn "klar und eindeutig" vereinbart
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 AgrarOLkG: Die Rücknahme von nicht weiterverkauften Produkte, sofern diese noch 12 Monate nach Rücknahme verkäuflich sind.

§ 20 Abs. 1 Nr. 2 AgrarOLkG: Zahlung oder Preisnachlässe für:

  • Lagerung von Erzeugnissen in Fällen, in denen der Käufer ein Zusammenschluss von Lieferanten ist,
  • Listung bei Markteinführung
  • Vermarktung, einschließlich Verkaufsangeboten, Werbung, Verkaufsaktionen (Käufer muss Aktionszeitraum und voraussichtliche Menge in Textform mitteilen) sowie Bereitstellung auf dem Markt
  • Einrichten von Räumlichkeiten, in denen die Erzeugnisse des Lieferanten verkauft werden.
§ 21 AgrarOLkG: Pflicht zur Vorlage Schätzung der Zahlungen und Kosten in Textform für Zahlungen oder Preisnachlässe im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 2.

Anwendungsbereich des Verbots unlauterer Handelspraktiken

Das AgrarOLkG verbietet es großen gewerblichen und behördlichen Käufern von Agrar-, Fischerei- und Lebensmittelerzeugnissen, das wirtschaftliche Ungleichgewicht im Verhältnis zu ihren umsatzmäßig kleineren Lieferanten durch unlautere Handelspraktiken auszunutzen.

Das Verbot unlauterer Handelspraktiken schützt nicht nur Landwirte, sondern alle Lieferanten von Agrar-, Fischerei- und Lebensmittelerzeugnissen, also insbesondere auch Lieferanten der lebensmittelverarbeitenden Industrie. Dem Schutz des AgrarOLkG unterfallen allerdings grundsätzlich nur Lieferanten, die einen Jahresumsatz von höchstens 350 Millionen Euro haben.

Käufer, die dem Verbot unlauterer Handelspraktiken unterliegen, sind neben Lebensmittelhändlern grundsätzlich alle Käufer von Agrar-, Fischerei- und Lebensmittelerzeugnissen, soweit sie nicht Verbraucher sind, also auch die nachfragende lebensmittelverarbeitende Industrie. Den Verboten des AgrarOLkG unterliegen allerdings nur Käufer, die einen Jahresumsatz von mehr als 2 Millionen Euro haben.

Zur korrekten Berechnung der Jahresumsätze sind weitere Ausführungen in den Punkten 7 ff. der FAQ zu finden.

Das Verbot unlauterer Handelspraktiken gilt zudem nur dann, wenn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Jahresumsatz des Käufers höher ist als der Jahresumsatz des jeweiligen Lieferanten, wobei folgende Pauschalierungen gelten

StufeJahresumsatz des LieferantenJahresumsatz des Käufers
1bis 2 Mio. Euroüber 2 Mio. Euro
2über 2 Mio. bis 10 Mio. Euroüber 10 Mio. Euro
3über 10 Mio. bis 50 Mio. Euroüber 50 Mio. Euro
4über 50 Mio. bis 150 Mio. Euroüber 150 Mio. Euro
5über 150 Mio. bis 350 Mio. Euroüber 350 Mio. Euro

Bei der Umsatzberechnung zählt der Jahresumsatz der gesamten Unternehmensgruppe des Lieferanten bzw. des Käufers und insbesondere nicht nur der Umsatz mit Agrar-, Fischerei- und Lebensmittelerzeugnissen. Zur Ermittlung der Umsatzstufe des jeweiligen Geschäftspartners sind sich Lieferanten und Käufer gegenseitig zur wahrheitsgemäßen, vollständigen und rechtzeitigen Auskunft verpflichtet.

Auch für einkaufende Behörden gilt das Verbot unlauterer Handelspraktiken.

Darüber hinaus schützt das Verbot unlauterer Handelspraktiken auch größere, z.B. erzeugergetragene, Unternehmen aus den Segmenten Milch- und Fleisch sowie Obst-, Gemüse- und Gartenbau. Erfasst sind Lieferanten von Milch- und Fleischprodukten sowie von Obst-, Gemüse- und Gartenbauprodukten; einschließlich Kartoffeln, deren globaler Jahresumsatz höchstens 15 Milliarden Euro und nicht mehr als 20 Prozent des globalen Jahresumsatzes des Käufers beträgt. Das gilt jedoch nur dann, wenn die Lieferanten der vorgenannten Produkte einen Jahresumsatz von nicht mehr als 4 Milliarden Euro in dem jeweiligen Verkaufssegment in Deutschland erzielen (nähere Informationen hierzu finden Sie in Punkt 16 der FAQ). Beim Verkauf von Milch-, Fleisch- sowie Obst-, Gemüse und Gartenbauprodukten müssen sich die Vertragspartner über die Höhe ihres jeweiligen Segment- und Jahresgesamtumsatzes gegenseitig wahrheitsgemäß, vollständig und rechtzeitig Auskunft geben.

Das Verbot unlauterer Handelspraktiken ist anwendbar, wenn entweder der Lieferant oder der Käufer seinen Sitz in Deutschland hat.