Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung

Personen auf einem Feld Nachhaltige Anbausysteme Kleinbäuerliche Forschungsteilnehmende besichtigen Versuchsflächen für nachhaltige Anbausysteme. Die Versuchsflächen gibt es in Kenia und Uganda. Quelle: Paulina M. Kossmann

Agrarökologie im Fokus beim Tropentag in Prag

Vom 14. bis 16 September 2022 fand in Prag der Tropentag statt. Im Mittelpunkt standen dieses Jahr wissenschaftliche Vorträge und Diskussionen zu der Frage: Kann Agrarökologie die Welt ernähren?

Insgesamt etwa 800 Personen aus 68 Ländern nahmen an der hybriden Konferenz teil, davon 600 vor Ort und 200 digital. Das Fachpublikum des Tropentags engagiert sich in der entwicklungsorientierten Agrarforschung sowie der ländlichen Entwicklung im Globalen Süden.

In zahlreichen Diskussionsrunden, Workshops und Posterpräsentationen wurden aktuelle Forschungsergebnisse im Hinblick auf das übergeordnete Thema des englischsprachigen Tropentags "Can agroecological farming feed the world? Farmers' and academia's views" vorgestellt und diskutiert. Damit spricht das Thema des Tropentags die große Herausforderung an, die wachsende Weltbevölkerung auf nachhaltige Weise zu ernähren, mit sozial gerechten, ökologisch langfristig verträglichen und dennoch profitablen Ernährungssystemen.

Die Debatten über diese Herausforderungen in der globalen Nahrungsmittelproduktion sind sowohl in der Wissenschaft als auch in der landwirtschaftlichen Praxis polarisiert, wobei sich die Kluft zwischen den Befürwortenden der industriellen Landwirtschaft und des globalen Handels auf der einen Seite sowie den Befürwortenden lokaler Lebensmittelsysteme und des ökologischen Landbaus auf der anderen Seite vergrößert hat.

Die auf dem Tropentag vorgestellten Forschungsergebnisse und Diskussionen beleuchteten Potentiale und Risiken der Agrarökologie aus verschiedenen Blickwinkeln. Insbesondere hoben sie das Potential der Agrarökologie hervor, positive Auswirkungen auf die Bereiche Bodengesundheit und -wiederherstellung, Erhalt der biologischen Vielfalt, Resilienz gegenüber dem Klimawandel und weiteren Krisen sowie insbesondere der weltweiten Ernährungssicherung zu erzielen.

BMEL fördert partizipative, praxisorientierte Forschung

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) leistet im Bereich der Agrar- und Ernährungsforschung durch die Förderung von internationaler Zusammenarbeit zwischen deutschen Forschungseinrichtungen und solchen in Ländern des Globalen Südens einen Beitrag zur Verbesserung der Welternährungssituation. Ziel ist es, mit Hilfe von partizipativen, praxis- und anwendungsorientierten sowie inter- und transdisziplinären Forschungsansätzen bedarfsorientierte Erkenntnisse und Lösungsansätze zu erarbeiten, einen Beitrag zur Weiterentwicklung von Kapazitäten vor Ort zu leisten, sowie langfristige Forschungspartnerschaften aufzubauen.

Darüber hinaus engagiert sich das BMEL dafür, dass weltweit Wälder für die Erfüllung zentraler Ökosystemdienstleistungen erhalten bleiben oder auf eine multifunktionale nachhaltige Waldbewirtschaftung umgestellt werden. Zur Erarbeitung entsprechender Lösungsansätze fördert das BMEL die forstliche Forschungszusammenarbeit mit Staaten außerhalb der Europäischen Union sowie den internationalen Austausch zwischen Forstexperten.

Durch die internationale Forschungsförderung trägt das BMEL dazu bei, die Relevanz agrarökologischer Ansätze für eine nachhaltige Verbesserung der Welternährungssituation zu verankern. Das Thema Agrarökologie bildet einen zentralen Bestandteil der aktuellen BMEL-Forschungsbekanntmachung "Innovative nachhaltige Produktionssysteme".

BMEL-Podiumsdiskussion beim Tropentag

Beim Tropentag veranstaltete das BMEL, unterstützt durch die BLE, eine wissenschaftliche Podiumsdiskussion unter dem Titel "Potentials and risks of agroecological farming for global food and nutrition security". Nach zwei anregenden Impulsvorträgen von Vertreterinnen aus der Wirtschaft und Zivilgesellschaft diskutierten vier Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus Deutschland und dem Globalen Süden zu den Potentialen und Risiken von Agrarökologie.

Die Beiträge der Session illustrierten, dass agrarökologische Ansätze ein enormes und bisher nicht ausgeschöpftes Potenzial zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit sowie der Ernährung besitzen. Allerdings müssen dafür einige Herausforderungen gemeistert werden. Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen für den Wert der agrarökologischen Produkte sensibilisiert, entsprechende Vermarktungsketten etabliert und notwendiges Wissen zur Verfügung gestellt werden. Dabei lässt sich auf einem großen Schatz an vorhandenem lokalem Wissen aufbauen. In Kombination mit lokal angepassten technologischen und sozialen Innovationen, einer umfassenden Wissensvermittlung und förderlichen institutionellen Rahmenbedingungen ließe sich die Transformation erfolgreich meistern.

Weitere Forschung ist nötig. Offen ist beispielsweise die Frage, wie durch agrarökologische Ansätze höhere Erträge erzielt werden können, um eine weltweit steigende Bevölkerung mit nahrhaften Lebensmitteln zu versorgen. Auch fehlen Untersuchungen zum ernährungsphysiologischen Wert agrarökologischer Ansätze sowie deren Beiträge zur Anpassung an den Klimawandel. Auf dem Podium wurde hervorgehoben, dass sich entsprechende Forschungsarbeiten auf integrierte Ansätze stützen sollten, die die gesamten Produktions- und Lebenssysteme lokaler Akteure und deren Kontext in den Blick nehmen. Insbesondere die knappen Arbeitsressourcen müssen bedacht werden. Für einen lokal angepassten agrarökologischen Wandel ist es von Bedeutung, alle relevanten Beteiligten aus Politik, Forschung, Gesellschaft und Privatwirtschaft in die gestalterischen und partizipativen Prozesse einzubeziehen.

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