Vielfalt vor der Haustür! Vorhang auf für die eingereichten Bilder des MonViA-Fotowettbewerbes
Das Informations- und Koordinationszentrum für Biologische Vielfalt, das in der BLE angesiedelt ist, hat im Sommer zum MonViA Fotowettbewerb aufgerufen. Gesucht wurden die schönsten Fotos von deutschen Agrarlandschaften, die das Thema biologische Vielfalt in Szene setzen. Hier stellen wir die Bilder vor.
Vorhang auf für die Vorstellung der eingereichten Bilder des Fotowettbewerbes:
Hummelbesuch im Speisemohnfeld
Schlafmohn (Papaver somniferum), Blaumohn oder auch Backmohn genannt, erfreut sich einer wachsenden Beliebtheit und eröffnet neue Wege für eine ertragsorientierte sowie biodiversitätsfördernde Landwirtschaft und gibt Impulse für regionale Wertschöpfungsketten. Er ist ein echter Allrounder.
Mohn wurde schon ca. 4.000 v.Ch kultiviert und zählt damit zu den ältesten Kulturpflanzen. Ob als Heilpflanze oder als Lebensmittel, er bietet vielfältige Nutzungsmöglichkeiten und ist an die heimischen Klimabedingungen ideal angepasst.
Schlafmohn lässt sich sowohl konventionell als auch ökologisch anbauen und wird in Deutschland für die Herstellung von Gebäck, Öl und Vogelfutter genutzt. Der Anbau von Mohn folgt einer langen Tradition, der in 2021, gemessen an der Anbaufläche, seinen Höchstwert erreicht hatte. Neuer Spitzenreiter im bundesweiten Anbau von Mohn ist Bayern mit 182 ha gefolgt von Sachsen mit 147 ha, auf dessen Feldern auch das schöne Foto entstanden ist.
Blühende Mohnfelder kommen auch der Biodiversität auf dem Acker zugute, da sie mit ihrem hochwertigen Pollenangebot Nahrung für blütenbesuchende Insekten bereitstellen. Besonders Honigbienen, Wildbienen und Schwebfliegen finden durch die Mohnblüte im Sommer, wenn die Obst- und Rapsblüte bereits vorüber ist, eine gute Nahrungsressource, womit der Anbau von der Bestäubungsleistung profitiert.
Was krabbelt denn da?
Auf Wiesen, Äckern und Gebüschen fühlt sich der Weichkäfer zuhause. Der Gemeine Weichkäfer (Cantharis fusca) sowie auch der Variable Weichkäfer (Cantharis livida) zählen zu den vielen Arten, die eine charakteristische schwarz-rote Färbung aufweisen. Auch in unserem Bild sticht der kleine Käfer deutlich aus seinem Hintergrund hervor. Weichkäfer, oder auch Soldatenkäfer genannt, haben im Gegensatz zu anderen Käfern weiche Flügeldecken anstatt eines harten Panzers, wodurch sie ihren Namen erhalten haben. Bei uns sind sie weit verbreitet, jedoch stellt das Glühwürmchen wahrscheinlich das bekannteste Beispiel dar. Der Appetit auf Blattläuse, Schnecken und schädliche Raupen macht den Weichkäfer zum nützlichen Helfer.
Seine Funktion als Nützling nimmt er hauptsächlich im Larvenstadium war. Als adultes Tier lauert er seiner Beute auf Blüten auf. Mit den feinen Härchen unterstützt er nebenbei die Bestäubung, besonders auf den Blüten der bevorzugten Doldengewächse. Neben den räuberisch lebenden Arten gibt es auch Weichkäfer, die sowohl Insekten als auch Pollen und Nektar fressen. Das trägt ebenfalls zur Bestäubung der Blüten bei.
Die zwei Seiten einer Medaille
Das strahlend gelbe Blütenmeer prägt die Landschaft in ganz Deutschland. In voller Blüte macht Raps optisch viel her und ist nicht zu Unrecht ein beliebtes Fotomotiv in der Agrarlandschaft. Raps gehört zur Familie der Korbblütengewächse. Während der Blütezeit lässt sich anhand des Geruchs seine Verwandtschaft zum Kohl erahnen.
Spricht man mit Landwirtinnen und Landwirten sowie Umweltverbänden und Artenschützern gehen die Meinungen über den Anbau der Kulturpflanze auseinander.
Raps gilt als wirtschaftlich sehr bedeutende Nutzpflanze, da sie zur Gewinnung u.a. von Biodiesel, Speiseöl und Futtermitteln angepflanzt wird. Auf dem Acker ist sie besonders als Vorfrucht geschätzt. Als wichtige Komponente in der Fruchtfolge wird Raps als Teil einer zeitlichen Abfolge von verschiedenen Kulturarten auf einem Feld angebaut. Daher spricht man laut Definition von keiner Monokultur, da der Raps nicht als einzige Pflanzenart über mehrere Jahre hinweg auf derselben Fläche angebaut wird.
Rapsblüten bieten eine reichliche Nektar- und Pollenquelle und führen zu einer starken Frühjahresentwicklung der Bienen und speziell bei Honigbienen zu einer höheren Honigernte. Rapsfelder oder Obstbäume werden als Massentrachten besonders häufig von Honigbienen beflogen.
Der großflächige Rapsanbau steht jedoch in der Kritik. Umweltverbände schreiben ihm einen Verlust der Biodiversität auf dem Acker zu, unter anderem aufgrund des Wegfalls von strukturreicheren Flächen, die eine wirtschaftlich geringere Rolle spielen. Ebenso wird kritisiert, dass das Nektarüberangebot der Rapsblüten eine Konkurrenzsituation nach sich zieht und nah gelegene, blühende Wildpflanzen weniger von Honigbienen und Hummeln bestäubt werden.
Streuobstwiesen – Wichtiger Baustein deutscher Agrarlandschaften
Streuobstwiesen sind gleich in mehrfacher Hinsicht eine Bereicherung für Agrarlandschaften. Sei es für die Bereitstellung von Rückzugsräumen für viele Arten, die Erhaltung regionaltypischer Obstsorten, als auch für die Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten.
Streuobstwiesen sind ein wichtiger Rückzugsraum für Nützlinge und andere Insekten, die mit ihrer Bestäubung oder ihrer natürlichen Schädlingskontrolle das Ökosystem unterstützen und für eine reichlichere Ernte sorgen. Wie auf dem eingeschickten Bild des MonViA-Fotowettbewerbes zu sehen, fühlen sich auch Säugetiere wie der Feldhase oder der Igel auf den Obstwiesen wohl, ebenso wie verschiedene Vogelarten.
Ob Kirschen, Äpfel, Birnen oder Pflaumen – auf Streuobstwiesen mit altem Baumbestand finden sich wahre Schätze in Form von alten Obstsorten die im Erwerbsobstbau nicht eingesetzt werden. Diese Vielfalt ist nicht nur für den Verwendungszweck entscheidend (Saft, Marmelade, Tafelobst etc.), sondern ebenso für die Erhaltung der genetischen Vielfalt für die Pflanzenzüchtung und als kulturelles Erbe.
Regionaltypische Sorten können nicht nur Kulturlandschaften optisch prägen, sondern verschiedenen Regionen eine eigene Identität verleihen wie auch der “Kirschenstadt Witzenhausen" in Hessen. Auch in der Region des Oberen Mittelrheintals wird die Kirschvielfalt als Kultur- und Naturgut gefördert. Durch ein Erhaltungskonzept hat sich die Kirsche als Erkennungsmerkmal der Region etabliert. Mit der geschmacklichen Vielfalt und sortenspezifischen Blüh- und Reifezeitpunkten ergeben sich neben der Produktion von Konfitüre oder Saft auch vielfältige Möglichkeiten für Produktinnovationen, wie für Schokolade oder Wein. Somit wird die Vielfalt des Obstes durch ihre Nutzung erhalten.
Landromantik im Gerstenfeld
Die vielseitige Getreideart hat hierzulande vielerorts einen festen Platz auf den Äckern eingenommen. Neben Einkorn und Emmer gehört die Gerste zu den ältesten Getreidearten, die bereits vor 6000 Jahren in Asien angebaut wurde. Ob bespelzt, mehrzeilig, oder lockerährig, die Gerste kommt in einer großen Vielfalt daher. Die Formen- und Sortenvielfalt hat sich insgesamt jedoch stark verringert, unter anderem aufgrund von veränderten Ernährungsgewohnheiten und Anbaumethoden.
Mit ca. 1,6 Mio. ha Anbaufläche stellt Gerste die zweitgrößte Getreideart in Deutschland dar. Der Anbau nimmt etwa ein Viertel der Gesamtfläche des nationalen Getreideanbaus ein (Destatis 2023). Für die Gerste sind Sommer- und Wintersorten erhältlich, die je nach späteren Nutzen und gewünschten Eigenschaften ausgewählt werden. In Deutschland hat die Gerste einen festen Platz in der Fruchtfolge der meisten Landwirtschaftsbetriebe eingenommen, beispielsweise als Vorfrucht vor Raps. Einsatzmöglichkeiten gibt es verschiedene, jedoch wird sie größtenteils als Tierfutter und zum Bierbrauen verwendet. Bei der Herstellung von Bier ist die Braugerste ein wichtiger Bestandteil der ursprünglichen Rezeptur. Laut Reinheitsgebot dürfen nämlich nur Hopfen, Malz, Hefe und Wasser zum Brauen von Bier genutzt werden. Beim sogenannten Mälzen werden die Gerstenkörner gekeimt und getrocknet, wobei Malz entsteht. Bereits mit einer Tonne Malz lassen sich 5.000 Liter Bier brauen. Auf dem Teller ist die Getreideart eher unterrepräsentiert, da sie sich nicht zum Backen eignet aufgrund ihres geringen Glutenanteils. Aus Ernährungssicht ist der Verzehr von Gerstengraupen (geschälte Gerstenkörner) durch ihren hohen Anteil an Ballast- und Mineralstoffen jedoch sehr zu empfehlen.
Lebensraum Agrarlandschaft
Neben Vögeln, Insekten und Co. bieten landwirtschaftliche Flächen auch anderen Tieren, wie Rehen einen Lebensraum. Mithilfe des Motivs aus der MonViA Fotowettbewerb-Reihe lässt sich dazu eine der Herausforderungen aufzeigen.
Rehwild verbindet man meist mit Wäldern. Bedingt durch unterschiedliche Landnutzungen und die Fragmentierung der Landschaft etwa durch die landwirtschaftliche Produktion, hat sich der typische Lebensraum der Rehe verändert. An die waldarmen Acker- und Weidelandschaften haben sich die Tiere jedoch gut angepasst. Die Agrarlandschaft bietet eine vielseitige Nahrungsgrundlage, jedoch kommt es im Gegensatz zum forstlichen Umfeld zu mehr Störungen und Gefahren. Eine dieser Gefahren stellen die großen Mähmaschinen dar. Während der ersten Mähperiode fallen ihnen immer wieder Rehkitze zum Opfer. Diese sind für Landwirtinnen und Landwirte mit bloßem Auge nicht zu erkennen und verharren als natürliche Schutzstrategie reglos auf dem Boden, wenn Gefahr droht.
Der Schutz der Wildtiere birgt dabei jedoch verschiedene Herausforderungen. Das Ablaufen der Flächen ist beispielsweise viel zu zeit- und ressourcen-intensiv und ein späterer Mähtermin ist mit Einbußen verbunden, da vegetations- und witterungsbedingt nur ein kleines Zeitfenster zum Mähen bleibt. Somit braucht es eine Lösung, die den Zeitpunkt der Mahd berücksichtigt und trotzdem zum Schutz der Rehkitze beiträgt.
Der Einsatz von moderner Technik kommt hierbei auch dem Tierschutz Zugute. Mithilfe von Drohnen können Grünland- und Ackerfutterflächen effizient nach Rehkitzen abgesucht werden, bevor sie verletzt werden, oder sie der Mähtod ereilt. Dabei wird die Drohne mit einer Infrarot- und Farbkamera ausgestattet, die in Kombination mit einer speziellen Software die Kitze lokalisiert. Durch den Einsatz der Drohnen können Rehkitze somit während der Brut- und Setzzeit aufgespürt und gerettet werden, ohne das es zu verspäteten Mähterminen kommt.
Bereits seit 2021 wird die Rehkitzrettung durch den Einsatz von Drohnen vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert. Aufgrund des großen Interesses an der Fördermaßnahme für die Beschaffung von Drohnen zur Rehkitzrettung, wurde das Förderbudget in 2023 auf 4,4 Mio. € aufgestockt. Mit dem Einsatz der Drohnen und Wärmebildtechnik soll so der Tierschutz vorangetrieben werden.
Ein Blick in die Glaskugel
Manch einer möchte gerne wissen was die Zukunft bereithält. Besonders die Zukunft der Landwirtschaft gilt als umstritten und ist seit Jahren Gegenstand intensiver Debatten.
Nachhaltig soll sie sein, die Ernährungsgrundlage sichern, Biodiversität schützen, dem Klimawandel trotzen und zugleich noch innovativ und digitalisiert. Die Anforderungen an die Landwirtschaft der Zukunft sind sehr ambitioniert. Um allen Belangen Rechnung tragen zu können, spricht man nicht ohne Grund von einer notwendigen Transformation der Landwirtschaft, die einen gesamtgesellschaftlichen Wandel erfordert.
Aufgrund der intensiven Landnutzung und dem Rückgang verschiedener Lebensräume ist die Agrarlandschaft in besonderem Maße von einem Verlust der Artenvielfalt betroffen. Die Wissenschaft ist sich einig, dass dieser Verlust enormen Einfluss auf die Funktionsfähigkeit der Agrarökosysteme hat. Somit bedarf es einer Lösung bei der sich Biodiversität und Landwirtschaft wirkungsvoll ergänzen d.h. bei der Ökosystemleistungen aufrecht erhalten werden und ein wirtschaftliches Arbeiten in der Landwirtschaft weiterhin ermöglicht wird.
Große Herausforderungen bedürfen vielfältige und parallele Lösungsansätze. Für eine systemische Herangehensweise reicht es nicht aus Strategien zu identifizieren, die einen bestmöglichen Erhalt der Agrobiodiversität erzielen. Für eine effiziente Umsetzung braucht es ebenso eine ergebnisorientierte Überwachung der Veränderungen. Hier knüpft MonViA mit dem Ausbau eines bundesweiten Monitorings zur biologischen Vielfalt in Agrarlandschaften an.
Mithilfe eines Monitorings kann der Verlust oder die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt über einen längeren Zeitraum überwacht und sichtbar gemacht werden. Die Erkenntnisse können in die Entwicklung von Biodiversitätsmaßnahmen fließen oder in die Entwicklung von Vorhersagemodellen, um Empfehlungen für landwirtschaftliche Praktiken zu geben, die den Schutz der biologischen Vielfalt miteinbeziehen.Mit der Bereitstellung von Wissen, Methoden und Instrumenten sowie der Einbeziehung aller Interessengruppen kann die Umgestaltung der landwirtschaftlichen Systeme gefördert und Hemmnisse identifiziert werden. Letztendlich entscheiden dann Akzeptanz, Umsetzbarkeit und Praxistauglichkeit der Biodiversitätsmaßnahmen über den Erfolg ihrer Umsetzung.
Weitere Informationen zu MonViA, dem bundesweiten Monitoring der biologischen Vielfalt in Agrarlandschaften finden Sie unter https://www.agrarmonitoring-monvia.de/.
Schnappschüsse des MonViA-Fotowettbewerbs
Eingereichte Bilder