Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung

NaviNut-Projekt-Messe: Eine Frauengruppe stellt entwickelte Produkte vor. Tropentag 2024 NaviNut-Projekt-Messe: Eine Frauengruppe stellt entwickelte Produkte vor. Quelle: Ulekha Abdulkadir, CRDD

Tropentag 2024 in Wien - Nachhaltige Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen

Vom 11. bis 13. September 2024 fand der diesjährige Tropentag in Wien statt. Insgesamt nahmen über 1.000 Personen aus 80 Ländern an der hybriden Konferenz teil. Im Mittelpunkt standen wissenschaftliche Vorträge und Diskussionen rund um die Möglichkeiten für eine nachhaltige Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen und eine Verbesserung der Lebensqualität für alle.

Die internationale Fachkonferenz für entwicklungsorientierte, trans- und interdisziplinäre Agrarforschung und ländliche Entwicklung im Globalen Süden befasste sich mit vielen verschiedenen Themen. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördert die internationale Forschungszusammenarbeit zwischen deutschen Forschungseinrichtungen und solchen in Ländern Subsahara-Afrikas, Süd- und Südostasiens. Die BLE betreut die Vorhaben als Projektträger.

Vor dem Hintergrund von Klimawandel und von strukturellen Ungleichheiten bei der Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen aufgrund von Geschlecht, Alter und sozioökonomischem Status ist die Dringlichkeit der Umgestaltung der aktuellen Agrar- und Ernährungssysteme größer denn je. Während weltweit immer mehr Lebensmittel produziert werden, nehmen Hunger und Fehlernährung zu. Gleichzeitig sinkt die Vielfalt bei Kulturpflanzen und in der Ernährung. Die Klimakrise und politische Konflikte verschärfen die Situation weiter.

Agrarforschung ist dabei ein wichtiger Schlüssel, um Wissenslücken zu schließen. Die auf dem Tropentag vorgestellten Forschungsergebnisse haben die Vielfalt der Möglichkeiten, aber auch die Herausforderungen aufgezeigt. In der Debatte dazu wurde deutlich, dass Prozesse zur Umgestaltung inklusiv und an die jeweiligen Kontexte angepasst sein müssen, um Zielkonflikte zu überwinden und Synergien erfolgreich zu heben.

Wege zur Gestaltung von Ernährungsumfeldern für gute Ernährung und Gesundheit

Die BMEL-Session richtet den Fokus auf Forschungsaktivitäten zur Verbesserung von Ernährungsumfeldern. Damit ist der physische, wirtschaftliche, politische und soziokulturelle Kontext gemeint, in dem Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Entscheidungen über den Erwerb, die Zubereitung und den Konsum von Lebensmitteln treffen. Vielfach problematisch ist beispielsweise die zunehmende Verfügbarkeit von hoch verarbeiteten Lebensmitteln zu niedrigen Preisen und die Zunahme ungesunder Ernährungsweisen. Die Gestaltung von Ernährungsumfeldern ist eine entscheidende Stellschraube zur Verbesserung von Ernährung und Gesundheit.

Im Rahmen der BMEL-Förderbekanntmachung von 2019 zum Thema "Gestaltung des Ernährungsumfeldes zur Förderung einer ausgewogenen Ernährung" werden derzeit sieben internationale Forschungskonsortien gefördert. Drei von ihnen stellten im Rahmen der BMEL-Session ihre Forschungsansätze und -ergebnisse vor.

Handy-App macht Ernährungsgewohnheiten sichtbar

Zunächst berichteten Merle Müller-Hansen und Markus Keck von der Universität Augsburg zum Projekt "NutriAIDE". Mit Fokus auf städtische Bevölkerung wurde gemeinsam mit Partnern in Indien eine Handy-App zur Sichtbarmachung und Überprüfung von Ernährungsgewohnheiten entwickelt. Beispielsweise kann ein Ernährungstagebuch geführt oder spielerisch das Wissen über Ernährung überprüft werden. Gleichzeitig eröffnet die App den Forschenden neue Möglichkeiten der Datenauswertung und Visualisierung, um besser zu verstehen, wann und wo, welche Nahrungsmittel konsumiert werden.

Ernährungs- und Bewegungsverhalten verändern

In einem weiteren Vortrag stellten Victoria Kariathi von der Sokoine University of Agriculture und Msabila Damian Charles von der University of Dar es Salaam in Tansania Ergebnisse des Projekts "FoCo-Active" vor. Das Projekt setzt bei der Veränderung des Ernährungs- und Bewegungsverhaltens an, um so der Problematik von Fehlernährung und ernährungsbedingten Krankheiten zu begegnen.

Erhebungen des Projektes haben gezeigt, dass die städtische Bevölkerung und dabei insbesondere Frauen stark von Übergewicht und Fettleibigkeit betroffen sind. Interessant ist allerdings, dass die Kompetenzen hinsichtlich gesunder Lebensmittel, Ernährung und Gesundheit gerade bei übergewichtigen Menschen am höchsten sind. Das Projekt begegnet der komplexen Situation mit einem umfangreichen Schulungsprogramm, das ganzheitlich Ernährungs- und Gesundheitskompetenzen verbessert. Zusätzlich werden Sport-Events organisiert und Medien-Kampanien entwickelt, um das Thema breiten Bevölkerungsschichten näher zu bringen und bei Entscheidungstragenden verstärkt auf die Agenda zu heben.

Ernährung von Kindern mit lokalen nährstoffreichen Gerichten verbessern

Als drittes Projekt stellte Georges Djohy von der University of Parakou in Benin die Ergebnisse des Projekts "NaviNut" vor. Im Fokus steht die Verbesserung der Ernährung von Kindern durch die Stärkung der Kompetenzen von Müttern hinsichtlich Lebensmittelauswahl und -zubereitung. Es wurde eindrucksvoll gezeigt, welche Vielfalt an lokal vorhandenen und nährstoffreichen Gerichten für Kinder in Kenia und Benin existiert und wie das Wissen dazu durch gegenseitigen Austausch gefestigt werden kann.

Frauen unterschiedlicher ethnischer Gruppen haben gemeinsam mit den Forschenden ausgewählte Gerichte zu lager- und vermarktungsfähigen Produkten weiterentwickelt. Neben der Schaffung von neuen Einkommensmöglichkeiten für Frauen und Wertschätzung für deren traditionelles Wissen werden so auch die lokalen Ernährungsumfelder verändert.

Die Beiträge und der Austausch in der Session illustrierten die Vielfalt der Ansätze, Ernährungsumfelder gesundheitsförderlicher zu gestalten. Es wurde deutlich, wie der komplexen Problematik durch eine aktive Einbindung der lokalen Bevölkerung und der Integration verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen erfolgreich begegnet werden kann. Trotz bestehender Herausforderungen, ist es letztlich nur gemeinsam möglich, akademisch fundierte und praktikable Lösungen zu entwickeln.

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